Flugabenteuer von Uwe und Florian

Die kommenden fünf Tage sollte eine fliegerische Herausforderung werden und uns einen tollen Blick der Regionen rund um die Nord- und Ostsee von oben geben. Sie brachte uns dann doch noch viel mehr, tolle Bekanntschaften, die dieselbe Leidenschaft teilen, und Eindrücke, die einfach überwältigend waren.

Planung

Geplant waren bis zu fünf Tagen mit der Strecke von Speyer an die Nordsee, dann eine Übernachtung in Husum anschließend sollte es nach Dänemark gehen und über Schweden nach Usedom an die Ostsee. Der Rückflug sollte dann über den Osten unseres schönen Landes über Dresden und Herzogenaurach führen.

Tag 1

Orientierung bei der Durchführung würde allerdings das Wetter geben. So kam es, dass auf der Fahrt zum Flugplatz Speyer der Gedanke reifte, die Strecke einfach umzukehren. Über der Nordsee waren regelmäßig vereinzelte Gewitter und Regenzellen gemeldet, während an der Ostsee strahlender Sonnenschein prognostiziert wurde.

Mit unserer Vereinsmaschine, eine Cessna 172SP mit Rufzeichen D-EGPS, ging es zuerst auf Flugfläche FL75 on top bei vereinzelten Wolken nach Eisenach zum Currywurstessen. Beim Abstieg auf Platzrundenhöhe zeichneten sich bereits stärker werdende Turbulenzen ab, die im Frühling aufgrund der größer werdenden Temperaturunterschiede durch zunehmende Sonneneinstrahlung und Erderwärmung üblich sind. Die Maschine sackte kurz vor der Platzrunde unter uns weg. Uwe hatte leichten Kontakt mit dem Flugzeugdach während ich mit Gashebel in der Hand diesen rauszog. Glücklicherweise unkritisch, aber eine Zeile in diesem Bericht wert. 

Voll aufgetankt ging es weiter über Magdeburg nach Stendal. Ein weiteres Leg war spontan über die Müritz nach Tutow geplant. Dort meldete sich allerdings niemand im Funk auf unsere Anrufe, sodass wir direkt auf die Insel Usedom und den Flugplatz Heringsdorf Kurs nahmen und mit einem grandiosen Anflug auf den Flugplatz belohnt worden, den ich seit 10 Jahren im nahen Umfeld zu Urlaubszwecken besuchte. Rechts das Stettiner Haff und zur linken das Achterwasser flogen wir die Piste 10 bei atemberaubender Dämmerung an. Geschafft!!! Das erste Etappenziel war erreicht und sollte uns mit weiteren Ausflugszielen rund um die Ostsee in den nächsten Tagen zur Verfügung stehen.

Tag 2

… begann zunächst mit einem Outfit check. Für Flüge über offenen Gewässern, bei denen im Gleitflug das Festland nicht erreicht werden kann, sind Schwimmwesten Pflicht. Soweit wollten wir an unserem ersten Tag an der Küste zwar nicht gehen, ließen es uns dennoch nicht nehmen, den Halsschmuck in rot und dunkelblau nicht zumindest mal im Cockpit auszuprobieren. An das offene Meer tasteten wir uns dann in kleinen Schritten heran, bei einem ersten Flug über die Drei-Kaiser-Bäder Ahlbeck, Bansin und dem mit dem Flugplatz gleichnamigen Ort Heringsdorf. Nach 10 Jahren Strandurlaub an genau diesen Stränden war es für mich soweit, diese schöne Gegend von oben zu betrachten. Von dort ging es weiter an die Kreidefelsen an der Nordküste von Rügen. Ein Ausflugsziel, das offenbar nicht nur von uns aus der Luft aufgesucht wird, da viele einmotorige Kleinflugzeuge und auch ein Hubschrauber mit Touristen an dieser Stelle kreisten. Nach einem Tankstopp auf Rügen ging es entlang der Ostseeküste weiter bis nach Rostock und Warnemünde, wo wir erste Ausreißer auf das offene Meer in Richtung Schweden wagten, immer noch jedoch in Gleitweite zum Festland verblieben. Auf dem Rückweg nach Heringsdorf machten wir noch einen Zwischenstopp in Barth, wo wir das erste mal Begegnung mit herausforderndem Seitenwind machten. Zum Ende unserer gesamten Tour sollte uns dies nicht mehr aus dem Konzept bringen. Fantastischer Kuchen vom Flugplatzrestaurant machten dies jedoch so gleich wieder gut.

Tag 3

Der erste Blick am Morgen aus dem Fenster verriet, Regenschauer. Sofort ging die Hand ans Handy zum Einholen des Wetterberichts. Nur vorübergehende Schauerwolken, die sich bereits im Laufe des morgens verziehen sollten. Und so kam es dazu, dass wir wie geplant aufbrechen konnten. Der erste Flug ging nach Kiel. Unterwegs bekamen wir über den Funk mit, dass Eurofighter aufstiegen, um ein strayed aircraft in rund 2.000 ft aufzusuchen, das offenbar keinen Funkkontakt mehr hatte. „Nicht das erste Mal in diesem Monat“, ging es uns durch den Kopf. Da wir auf Flugfläche unterwegs waren und unser Funk ja noch funktionierte, konnten wir schon mal nicht gemeint sein. 

In Kiel führte der Anflug über die Kieler Bucht direkt auf die Piste 26. Dort angekommen wurden wir von einem freundlichen Tankwart empfangen, der uns das Tanken dann doch überließ, nachdem wir erklärten, dass wir diesen Service nur in Form eines Self-Services kannten. Mit randvoller Maschine und geöffnetem Flugplan ging es dann das erste mal für jeden von uns nach Dänemark. Als Ziel hatten wir uns Lolland Maribu rausgesucht, ein kleiner Platz auf der von Fehmarn nächstgelegenen gleichnamigen Insel. Der erste Aufruf von Copenhagen Information trieb den Puls zwar leicht in die Höhe, die Verständigung sowie der dänische Akzent jedoch gut verständlich, sodass wir heilen Fußes halbwegs professionell wirkend am Flugplatz ankamen und vom Flugleiter begrüßt wurden. Gegen 14 Uhr Ortszeit, für ihn die erste Flugbewegung des Tages, war dieser sichtlich erfreut über unseren Besuch und bot uns frisch gekochten Kaffee an. 

Den Rückflug traten wir dann mit einem weiteren Flugplan Richtung Anklam an, die Heimat von Otto Liliental, einem Luftfahrtpionier, der wiederholte Gleitflüge zustande brachte und damit das Konzept der Tragfläche ins Leben rief. Anders als uns bisher bekannt wird in Dänemark der Flugplan über die FIS geöffnet und nicht über den Flugleiter, trotz seines durchaus gastfreundschaftlichen Wesens. Die gewählte Höhe von FL75 bot uns für den Rückweg über die Ostsee ein gesundes Maß an gefühlter Sicherheit. Nach kurzem Aufenthalt in Anklam und dem Besuch des direkt am Flugplatz ausgestellten Flugzeugmuseums ging es zurück nach Heringsdorf, wo wir für diesen Teil unserer Reise die Zelte am folgenden Morgen abbrachen.

Tag 4 

Es stand der große Ortswechsel bevor. Über die Ostsee sollte es nach Schweden, von dort nach Dänemark gehen mit Abschluss des Tages in Husum Schwesig. Der Wetterbericht ließ auffrischenden Wind an der Nordsee erwarten. 

Vollgetankt in Rügen ging es in den Steigflug auf Flugfläche 75 in Richtung Norden. Die größere Höhe wählten wir erneut, um möglichst weit gleiten zu können im Falle eines Motorausfalls während unseres längsten Legs über das offene Meer. Langen Information übergab uns, nachdem wir die Insel verlassen hatten, an Schweden Control, die unseren Plan nicht mittragen wollten. Noch weit vom Schwedischen Festland entfernt flogen wir auf den Luftraum C des internationalen Verkehrsflughafens von Malmö zu und schon kam die Anweisung „descend 5.000ft“. Ein gutes Stück Gleitpotential war damit schon mal futsch. 

Dem Motor war es glücklicherweise gleich, ob er über das Festland oder das Meer flog, sodass wir es unbeschadet nach Schweden schafften und dort sogar für einige Fotos weiter auf 2.500 ft sanken. Für das Stück über die Ostsee rüber nach Dänemark fragten wir zwar noch mal ein Steigen auf 5.000 ft or above, dies wurde jedoch von Sweden Control freundlich abgelehnt. Unsere Nerven gewöhnten sich jedoch langsam an die Situation über Wasser.

Von Schweden ging es nach Dänemark über die Insel Seeland vorbei am Verkehrsflughafen von Kopenhagen. Der Funkwechsel auf die Frequenz von Copenhagen Information verlief nicht ganz reibungslos. Die Verständigung war schlecht und irgendetwas versuchte der dänische Kollege aufgeregt uns mitzuteilen. Wir schrappten am Luftraum C der dänischen Verkehrsflughäfen von Kopenhagen Kastrup und Roskilde entlang, was die Person am anderen Ende der Funkwellen nervös zu machen schien. Angefragt war ein weiterer Descend auf 1.500 ft. Da wir noch die Strecke über Wasser auf die Insel Lolland vor uns hatten, lehnten wir dankend ab. So gut waren unsere Nerven dann doch nicht. Wir versprachen dem Dänen uns südlich und damit frei von Luftraum C zu halten, was ihn dann schlussendlich auch beruhigte.

Mit größer werdender Drift nahmen wir Kurs auf den uns bekannten Flugplatz von Lolland-Maribu. Der Wind nahm offenbar zu. Auf 900ft Platzrundenhöhe schüttelte es schon ordentlich und das Heading änderte sich von Queranflug zu Endanflug nur geringfügig. Wind in Böen bis 20 kt auf der Bahn sollten aber kein Problem für die Landung darstellen, als die Maschine allerdings stand, wurde bereits eine Geschwindigkeit von bis zu 32 kt auf dem Fahrtenmesser angezeigt. Zeit für einen Kaffee von unserem gastfreundschaftlichen Flugleiter in Lolland-Maribu.

Der Wind veränderte sich eigentlich gar nicht, was das Rollen backtrack zum Startpunkt der Piste 09 mit abschließendem U-Turn nicht einfacher machte. Der Start selbst verlief jedoch problemlos und nachdem 1.000 ft überschritten waren, waren auch keine Luftverwirbelungen mehr zu spüren. Weiter ging es nördlich herum um eine TRA vorbei an Odense sowie dem Flugplatz Sonderborg auf der dänischen Insel Fünen zurück auf deutschen Boden nach Flensburg. Es waren lokale Gewitter gemeldet und so kam es dass kurz vor der deutsch dänischen Grenze ein Regenschauer auftrat, während wir unter Einhaltung der gesetzlichen Mindestabstände unter einer dichten Wolke hindurch tauchten. Durch den starken Regen ging die Sicht so stark zurück, dass wir uns spontan erneut zu einem Descend entschieden. In Flensburg kamen wir mit Windböen bis zu 22 kt auf die Nase an einem durchaus sympathischen Platz mit noch sympathischerem Flugleiter an, der uns mit wertvollen Tipps für einen Rundflug rund um Flensburg versorgte. Ein Platz an dem es sich lohnte wiederzukommen. Nicht auch nur deshalb, da uns beim geplanten Flugziel der gleiche Wind mit ordentlicher Seitenwindkomponente erwartete, ließen wir unsere Cessna an diesem Ort übernachten.

Tag 5

Der Tag der Rückreise sollte uns noch mit tollen Inselflügen versorgen. Ein Katzensprung nach Helgoland verleitete uns erneut über offenes Gewässer, diesmal der Nordsee, zu fliegen, um die einzige deutsche Hochseeinsel zu besuchen. Ein Ort, an dem man als deutscher Staatsbürger, wie ich hörte, gewesen sein sollte. Wieder war C bei GAFOR gemeldet. Der Flug aufs offene Meer hatte jedoch seine Tücken. Durch diesige Sichtverhältnisse von über zehn Kilometern konnte man am Horizont nicht mehr Himmel von Wasser unterscheiden. Da dieser so genannte grey out bereits zu tödlichen Unfällen geführt hatte, war Fliegen nach künstlichem Horizont und unter Zuhilfenahme des Autopiloten angesagt. Belohnt wurden wir von einer Umrundung mit atemberaubendem Blick auf die beiden Inseln von oben. 

Der Rückweg zum nordfriesischen Festland führte über die nordfriesischen Inseln. Da perfektes Flugwetter am Feiertag vorlag, war entsprechend Traffic unterwegs. So auch am unserem Zielflugplatz Leer-Papenburg. Mehr als 5 Minuten vor Erreichen des Platzes meldeten wir uns über Funk beim Flugleiter. Der war bekanntlich locker drauf und wir flogen in den Gegenanflug der Piste 08, als aus dem Nichts eine Piper aus südöstlicher Richtung sich direkt vor uns setzte. Gas rein und Vollkreis rechts, um eine angemessene Staffelung hinzubekommen. Puls 180. Der Anflug erfolgt daraufhin problemlos und wir wurden mit sonnigem Aufenthalt verwöhnt sowie auf der Seite des Flugleiters auf Facebook verewigt.

Unser vorletztes Leg planten wir spontan nach Allendorf. Im Flug bekamen wir weder ATIS noch Funkkontakt und merkten nach noch spontanerer Recherche, dass der Platz PPA hatte. Gelöst bekamen wir die Situation mit Umplanung des Zielflugplatzes mit Destination in Siegerland. Der Platz hatte einiges zu bieten, einen tollen Fuhrpark an Fliegern, eine Abfertigungshalle für die Business Aviation sowie ein tolles Café mit Blick auf das Vorfeld. 

Das Heimatgefühl machte sich breit und nach einer Stärkung ging es nun schlussendlich zurück nach Speyer. Die Landung mit 8 kt Seitenwind brachte uns schlussendlich nicht mehr aus dem Konzept. Nach fünf Tagen hatten wir unsere Cessna 172SP wie in den heimischen Hangar zurückgebracht. Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste große Reise, wo auch immer diese hingehen wird.

Bedanken möchten wir uns bei meinen Schwiegereltern für die Unterkunft auf Usedom, Maik, Gerhard und Elli für den Shuttleservice sowie den schönen Abend in und um Flensburg, den Flugleitungen der besuchten Plätze, der MFG Speyer für die Überlassung der Maschine sowie unseren Ehefrauen und Familien, die uns die Zeit und die nötigen Freiheiten überlassen um diese Reise stattfinden zu lassen.

Florian und Uwe